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Marion Cziba

26.5. - 23.6.2018

Die Vernissage war am 26.Mai 2018 um 18:30 Uhr

Begrüßung Norbert Boden, Vorsitzender

Einführung Kurator Michael Royen im Gespräch mit Marion Cziba

Anmerkungen zur Ausstellung von Marion Cziba im Kunstverein Linz am Rhein

Eine Zeichnung verweist im Allgemeinen nicht auf sich selbst. Sie gilt vor­wiegend als ein Mittel der Darstellung eines Objektes. Als solches wird sie geschätzt. Was ist sie nun an sich selbst? Zunächst: Sie wird erstellt durch leicht abfärbendes Material, das auf einem geeigneten Träger eine Spur hin­terlassen kann.

Galt bislang die Zeichnung als eine ‚ergebnisorientierte Tätigkeit zur Dar­stellung von etwas ’– ein prinzipiell mechanischer Vorgang - rückt Marion Cziba die Entstehung einer Zeichnung in den Focus ihres Interesses. Wenn dieses Interesse im Weiteren untersucht wird, geht es Marion Cziba  nicht pri­mär um das Ergebnis, wenngleich es quasi ein Protokoll eines Prozesses, die Spur eines stattgefundenen Vorgangs ist. Das Ergebnis ist der Beleg dieses Vorgangs. Die Ambition der Künstlerin führt zu einer Vergegenständlichung des Vorgangs. Diesen Vorgang zu untersuchen, ist ein Unternehmen mit spe­kulativem Ausgang. Ungewiss ist das Ergebnis, weil es gerade nicht um ein darzustellendes Objekt geht, sondern um die Mechanik der Erstellung einer Zeichnung. Dadurch kommt die Künstlerin zu unvorhersehbaren Ergebnis­sen. Das Resultat ist eine automatisch erstellte Zeichnung. Die von ihr er­stellte Zeichnung weist keine „persönliche Handschrift“ auf. Sie produziert eine entpersonifizierte Zeichnung. Diese Zeichnung  muss sich nicht als ge­konnt ausweisen, und ist auch nicht mit herkömmlich akademischen Kriterien zu bewerten. Die Zeichnung ist eine Spur.

Wer oder was hinterlässt Spuren?

Sehen Sie es einmal so, meine Damen und Herren:

Wir hinterlassen alle Spuren. Nur messen wir ihnen nicht unbedingt eine Be­deutung bei, so wie es Marion Cziba  tut. Sie werden verstehen, dass es nicht um die Bewertung dieser Spur gehen darf, da eine Spur ja etwas von dem der sie hinterlassen hat Abgetrenntes ist.

Zwar vermag die Spur Hinweise auf ihre Herkunft zu geben, aber sie ist den­noch ein an sich selbst übrig bleibendes etwas. Nennen wir es mal ruhig ein Werk. Dadurch können wir uns auf die Spur selbst konzentrieren. Wenn wir diese Spur eine Zeichnung nennen, dann könnten wir sie ästhetisch beurteilen. Die von Marion Cziba erstellten ‚Spuren’ zwingen uns unsere eingeübten Kate­gorien zur Disposition zu stellen. Die Zeichnungen der Marion Cziba sind nicht mehr mit den Kategorien klassischer Ästhetik zu bewerten. Denn es geht um den Vorgang welcher Spuren hinterlässt. Das Zustandekommen der Zeichnung gilt es zu studieren.

 Kleiner Ausflug, wenn Sie mir das gestatten.

Wenn wir durch die Teleskope der Astronomen in die Weiten des Universums blicken und dort die unglaublichsten Phänomene, wie z.B. explodierende Ga­laxien beobachten, kann uns das zwar gefallen, aber wir dürfen sie nicht bloß unter einem ästhetischem Gesichtspunkt bewerten. Schließlich explodiert die Galaxie ja nicht, um uns zu gefallen. Sie tut das aufgrund physikalischer Pro­zesse und die kann man nur wissenschaftlich bewerten. Die Aufnahme des Teleskops versucht möglichst viel an Informationen über das Ereignis aufzu­zeichnen und darf daher auch nicht als eine subjektive Perspektive angesehen werden. Aufnahmen innerhalb der verschiedenen Wellenbereiche ergänzen das Wissen über das Phänomen. Die Spektralaufnahme liefert den sichtbaren Teil der Untersuchung aber das reicht nicht für eine umfassende Analyse.  

 Die Spuren (Zeichnung) , die Marion Cziba  durch ihre Installationen erzeugt, entstehen durch die Bewegung der eingesetzten Apparate, oder auch der beo­bachteten Prozesse (Verhaltensweisen von Passanten, Verkehr etc.). Marion Cziba sammelt Belege über stattgefundener Prozesse.

 Betrachten wir ihre Arbeit unter künstlerischen Gesichtspunkten:

Marion Cziba  erkennt zunächst in der Zeichnung die Spur einer stattgefunde­nen Bewegung, aus was für Gründen auch immer.

In den allermeisten Fällen haben wir kein Verhältnis zu den Spuren, die wir hinterlassen, dennoch legen sie Zeugnis von unserem Tun ab und haben ihr eigenes Bild.  

 Ich hoffe, Sie verstehen die Arbeit von Marion Cziba jetzt etwas besser und fragen nicht nur nach dem was die Zeichnungen zeigt, sondern wodurch sie zustande kommt und wie das zu bewerten ist. Die Installationen der Künstle­rin weisen uns auf eine bestimmte Betrachtungsperspektive hin.

Wissenschaftlich betrachtet dokumentiert Marion Cziba bestimmte Vorgänge, die Zeichnungen oder eben Spuren hinterlassen. Künstlerisch betrachtet, ist sie dem was zu einer Zeichnung führt und wie das funktioniert auf den Fer­sen. Alles zeigt eine jeweils eigentümliche Struktur, einen Rhythmus innerhalb eines Bewegungsradius und entwickelt eine sozusagen autonome Gesetzmä­ßigkeit. Diese jeweils eigene ‚Schrift’ verfügt über eine ihr entsprechende Äs­thetik  (das gilt sogar für eine Fliege, die sich zu Tode zappelt).

 Das Erstellen der Bewegungsprofile ist keine private Erkundungsreise.

Die Künstlerin zeigt auf, wie es zu einer Struktur kommt und weist auf Phäno­mene hin, die damit zu tun haben. Wir bekommen einen anderen Begriff von dem Geschehen, weil wir in den Spuren die Vorgänge ‚lesen’. Wir erkennen unmittelbar den Verlauf eines Ereignisses. Ein ‚kompletteres umfassenderes Bild’ zu vermitteln, dass ist die Ambition von Marion Cziba.

 Ja, und doch geht es um die Zeichnung: Wodurch ist sie evoziert, was ist ihre Ursache. Wir erhalten hier, im Kunstverein Linz, in der Ausstellung der Marion Cziba eine ungewöhnliche Antwort darauf.

 Ich bedanke mich ganz herzlich, bei Dir, Marion.

 Dankeschön!

 Michael Royen, Kurator

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